Als crav4del8 das ganze Elend, den Hass, den Neid und die („Malatschik!“)-Verzweiflung nicht nur in sich selbst, sondern auch in den Foren und Selbsthilfegruppen überall sah, wo nicht Solidarität und Gemeinschaft aber Selbst-Zerfleischung und Sadomasochismus pur in wahrhaft freizügiger Offenheit und Ehrlichkeit herrscht, da setze er sich vor seinen Rechner und begann schon vor langer Zeit eine Botschaft zu schreiben nicht nur aber auch an sich selbst:
Nicht Drogen noch bittere Medizin sind das Salz der Welt, sondern Eure Emotionen, Euere Freude, Eure Aggressionen, Liebe, Euere Leidenschaft und Euere Kreativität. Lebensqual und Trauer kann man nicht nachhaltig hilfreich mit Pillen bekämpfen und solch eingesetzte Mittel fressen das eigene Leben letztendlich zumeist nur auf. Hochglanzbroschüren vom Glück, „Medikamenten“-Wunder oder „Malatschik!“-Persönlichkeits-Kaffeesatzleserei sollen Deine und deren Erfinder Unsicherheit nur betäuben und sehr teuer mußt Du für diese Beruhigung bezahlen. Nichts zu tun, kann aber auch ein „Fehler“ sein, man wird es kaum je erfahren und niemand kann wissen, was für Dich ist am besten. Wüsten-Prediger versuchen sich selbst zu goldenen Kälbern zu stilisieren, doch sie sind nicht das alleinige Licht der Welt. Bis nicht wirklich größere Geister kommen und tatsächlich eine hilfreichere Idee haben, gilt es die Spannung auszuhalten und nicht den eigenen Körper und Geist nur allzu einfachen Lösungen und Versprechen zu opfern, denn ich sage Dir und mir: Eher wird eine afrikanische Mannschaft Fußballweltmeister denn daß ein Neurologe oder Psychiater zugibt, bei der Malatschik hilflos und wissenslos zu sein.
Willst Du wirklich so handeln, wie es steht geschrieben, dass wenn Dir Dein rechtes Auge Ärgernis schafft, so reiß es raus und wirf es weg? Ist es wirklich hilfreich, schon bei leichteren Verläufen z.b. das eigene Immunsystem zu zerstören und mit Chemotherapie zu zerschlagen, nur um nicht das Gefühl zu ertragen nichts zu tun? Willst Du wirklich, durch „die Malatschik!“ darniedergeworfen, nun auch Dein restliches Leben hinhalten, Deinen Körper und Deine Zeit gänzlich der Medizin und mehr als zweifelhaften „Studien“ opfern, oder einem anderen Prediger zu folgen, und sofort Deine berufliche Tätigkeit opfern nur aus omnipotenter Selbstüberschätzung somit angeblich Einfluss auf „Schübe“ zu haben? Sonne und Mond gehen auf Tag und Nacht. Nach Regen kommt oft wieder Sonne, und das Leben ist begrenzt. Gerade dies macht es besonders und auch Dein Neurologe wird nicht leben ewig. Der Mensch muss nicht sein vollkommen wie ein Gott, niemand kann so einfach aus der eigenen Haut und man prügelt seltenst auf einen Busch, hinter dem man nicht selbst gerade sitzt.
Selig sind vielleicht gerade jene, die auch Ihr Unglück können ertragen. Kreativität und Lebensfreude ist sicher nicht nur abhängig von körperlicher Stärke, aber wer vom Schicksal so schwer gezeichnet, der ist auch nicht zwangsläufig zur wundersamen psychischen Entwicklung verdammt. Wer schon vor seiner Malatschik eher tumb, den macht solch eine Erkrankung nun auch nicht gleich zum Dichter, und wer durch einen Malatschik- betroffenen Angehörigen offensichtlich bei weitem psychisch überfordert, der kann auch nicht durch das Erteilen vielfältiger ergoogelter Ratschläge und Besserwissereien einen genialen Wissenschaftler oder besonders kreativen Psychotherapeuten gleich sich nennen.
Hat man verloren von der Herde ein Schaf, so gilt es sicher zu trauern, aber gerade nicht zu vernachlässigen all die anderen Eigenschaften und Möglichkeiten, die man noch hat. Glaube mir, es kann bei weitem noch schlimmer kommen, als man jemals hat gedacht, dass es ist möglich. Aus Frust und zur Abwehr der eigenen Verzweiflung das eigene Leben jedoch wegzuwerfen ist absurder noch als das Leben schon selbst. Wer früher stirbt ist nur länger tot, und auch wenn es einem scheint nicht mehr viel wert: dieses Leben ist das einzige, das Dir ist. Wahre Freunde ringen um das Leben und gegen den „Todestrieb“ bei sich selbst und bei anderen. Die Spannung zwischen Leben und Tod macht sicher auch einen großen Teil vom Reiz und der Kreativität unserer selbst vielleicht gerade aus, aber habe Acht, dass die Seite des Lebens möglichst lange obsiegt. Menschen sind und bleiben nunmal wie Kinder. Sei nicht so streng. Je älter man wird, desto leichter könnte es fallen, ruhiger zu werden, den Tod und gar schlimme Kränkungen gelassener zu betrachten, zurückzublicken mit Großmut, Solidarität und Barmherzigkeit, Gelassenheit auch ob dem kommenden Leiden. Denn siehe: in der Welt außerhalb der (virtuellen) Selbsthilfegruppen gibt es vielleicht wirkliche Freunde und lebendige, somit auch „schöne“ Menschen, die nicht nur durch Neid und Hass auf sich selbst zerfressen nur sich vergleichen und danach suchen, dass es anderen geht noch viel schlechter, als einem selbst. Wer jung vom Schicksal so hart wird getroffen, der hat jedoch wahrlich viel mehr verloren, als unsere „Wissenschaft“ (einer der primitiveren Religionen unserer Zeit) jemals kann ermessen und durch nichts kann dieser Verlust wirklich werden geheilt. Allenfalls etwas Trost noch kann man hier erwarten, wobei auch hier man hat keinen Rechtsanspruch. JedeR strebt so gut er kann nach dem eigenen „Glück“, und wer mag es anderen verdenken, dass sich nicht jedeR will lange aufhalten in jungen Jahren, mit dem offensichtlichen Gebrechen unglücklicher Fremden? Hoffnung gibt es sicher bis zuletzt, denn:
Die Welt ist bunt und alle sind wichtig!
(26.6.06)