Wie sollen sich die Freunde verhalten?

Geschrieben von crav4del8 am 08. Februar 2002 12:15:46:

bin mal wieder mit ner Frage beschäftigt, und wer möchte, darf daran Anteil nehmen:
es geht übrigens genau um die Frage des Anteilnehmens: mag sein, dass manch eineR noch gar nicht darauf gekommen ist, ich glaube, das wäre ein sehr gutes Zeichen, meinereiner macht sich da schon mehr Gedanken, und das heißt ja auch, es gibt ein Problem.
Ich glaube: wir alle wollen verstanden werden. Jetzt passieren uns hin und wieder sehr schlimme Dinge, die Malatschik ist ja kein Schnupfen hört man hier allenthalben, und was macht man nun?
Vielen Nicht-Malatschikler wird ja hier ruckzuck abgesprochen, verstehen zu können, wie es jemanden geht, dem so Schlimmes widerfährt, ich glaube auch, dass es einen jeden sehr hilflos machen muss, mitanzusehen, und zu spüren, wenn jemand leidet, aber wie geht man am besten damit um?
Konkret: da lese ich im Forum von neuen Herden im MRT, weiß genau wir furchtbar das sein muss, dass ruckzuck Welten zusammenbrechen, kann das verstehen, aber was kann man tun? Oder bestimmte Nerven fallen aus, jemand berichtet vom Besuch beim Zahnarzt, und dass der Kiefer vereitert, aber: nichts mehr gespürt wird. Auch das muss riesig Angst machen, war ja selbst erst beim Zahnarzt und mit der Frage beschäftigt… nur was lese ich an Antworten im Forum: „Du bist ne Heldin…“?! Klar ein bißchen Abwehr kann ja auch nicht schaden, aber ein einfühlsamer Umgang mit Angst und Not scheint mir das nicht zu sein, eher ne hypomanische Abwehr, um mal nen Fachterminus zu gebrauchen, und ob das wirklich hilfreich ist?!
Nun zu der Frage: was meint ihr: wie fühlt Ihr Euch am besten behandelt, bzw. was wünscht Du Dir an Unterstützung und Verhalten von Deinen Freunden, wenn es Dir entsprechend schlimm ergeht? Welche Erfahrung hast Du gemacht, und was war hilfreich? Bei Hiob hab ich gerade gesehen, kommen seine drei Freunde vorbei, nachdem alles den Bach runter… und bleiben erstmal sieben Tage, und werfen Asche in die Luft und reden kein Wort die ganze Zeit.
So? oder anders? Wie sollen sich Freunde verhalten, wenn die eigene Welt unterzugehen droht?
würde mich über Antworten sehr freuen
liebe Grüße
crav4del8

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Eine Antwort

  1. und dann:

    Mir ist ne Menge klargeworden, glaub ich, danke!
    Mich erstaunt, wie schnell man immer wieder auf sich selbst zurückgeworfen wird. Da frage ich nach den Wünschen den Freunden gegenüber, wie sie sich verhalten sollen, und entdecke Teile von mir.
    Man kann den Hiob als inneren Dialog von Teilen seiner selbst lesen 🙂

    Der Hiob ist schlimm dran. Er hat allen Grund verzweifelt zu sein. Aber er hat drei Freunde, die erfahren davon, kommen ihn besuchen, sehen sein Unglück, und scheinen es zu verstehen. Sie zerreißen ihre Kleider, werfen Staub in die Luft, und: weil es dazu einfach gar nichts mehr zu sagen gibt schweigen sie 7 Tage lang, bis sie es nicht mehr länger aushalten. Und Hiob? Der schweigt mit.
    Ich glaube es ist sehr wichtig für ihn, dass seine Freunde gekommen sind. Dass er in seiner Not nicht alleine ist. Es gibt ersteinmal nichts zu sagen, das ist verständlich. Die Welt von Hiob ist zusammengebrochen, es ist nichts Schönes mehr zu sehen… und der Hiob leugnet, dass es wichtig für ihn ist, dass seine Freunde gekommen sind. Statt ein trauriges: „es ist schön, dass ihr (wenigstens) da seid“, jammert er weiter: „verflucht sei der Tag, an dem ich geboren wurde…“ und „ihr Idioten, was wollt ihr denn hier? Ihr versteht ja gar nix, seid letztendlich zu schwach mein Leid zu tragen …“ . Auf eine Art hat er ja Recht, die Freunde halten es nicht mehr aus, machen ihm Vorwürfe, wehren das Leid ab, das so schwer zu ertragen ist. Aber sie haben auch 7 Tage ausgeharrt.
    Das Leid ist sehr groß, und die Erwartungen von Hiob an seine Freunde auch! Er gibt ihnen keine Chance, ist unerbittlich, erhebt sich gewissermaßen über sie, „ihr habt doch keine Ahnung“, blafft er ihnen entgegen, „laßt mich einfach nur sterben…“ .

    Ich kenne das, und ich glaube viele Menschen kennen das. Würden die Freunde tatsächlich sagen: „gut, er will es so, wir ziehen weiter“, wie würde der Hiob seine Freunde verfluchen… „jetzt lassen die mich auch noch im Stich…“ .
    Unsere Wünsche, Nöte etc werden sehr schnell sehr groß, und die Erwartungen an die Freunde auch. Vielleicht ist es „sicherer“ sich zurückzuziehen, mit seinem Leid alleine zu tun, und die Freunde nur aus dem Augenwinkel heraus zu beobachten, das Leid einzusetzen, den anderen ihre Hilflosigkeit klarzumachen, sie sozusagen damit als Geisel zu nehmen, und damit vom eigenen Leid abzulenken. Wirkliches Leid zu teilen, es auszuhalten ohne wegzulaufen
    ist für alle sehr schwer. Freuen wir uns doch am Leben, lasst die anderen jammern… . Sehr schnell werden Freunde zu Geiseln, werden mit unserem und selbstredend ihrem dahinterliegenden möglichem eigenen Leid erpresst, wir selbst erpressen uns mit Schuldgefühlen…
    Traurigkeit und Leid gehören zum Leben dazu. Es ist schwer auszuhalten, schwer zu teilen, und Nähe und auch gemeinsames Glück läßt sich umso schwerer teilen, je größer die Wünsche und Sehnsüchte sind!
    Das ist meine Erfahrung. Auch ich treibe mich in virtuellen Welten rum, statt direktere Begegnungen zu suchen. Auch ich kann jenen Hiob in mir finden. Wieviel Angst habe auch ich, vor meinen Aggressionen, meinen Wünschen, ich könnte die anderen überfordern, damit…
    Glücklich sein, ist wie Leid zu ertragen manchmal gar nicht so einfach.
    mit lieben Grüßen
    crav4del8

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