Geschrieben von crav4del8 am 06. Juli 2002 17:45:19:
Ich glaube, dass das Thema Scham viele von uns beschäftigt. Deshalb hier ein paar Gedanken dazu.
Scham, so könnte man sagen ist eigentlich ein Mittel gesellschaftlicher Disziplinierung. D.h. ein innerer Teil von uns übernimmt Normen und Vorstellungen der „Gesellschaft“ und versucht uns mittels eines Schamgefühls vor Übertretungen von gesellschaftlichen Ge- und Verboten zu hindern, bzw. sich selbst dafür zu bestrafen. Dies damit alles seine Ordnung hat und behält.
Bei der Sklavenhaltergesellschaft der alten Griechen haben sich die freien Bürger geschämt, wenn sie arbeiten mussten, so ist es überliefert. Wer es nötig hatte zu arbeiten, bei dem „stimmte“ was nicht… . Kontemplation und Müssiggang galten als „schick“. Heutzutage sind wir da ja wesentlich weiter??!, und die Gesellschaft hat so ihre Schwierigkeiten mit jeder und jedem, der nicht beständig arbeitet… . (Mit diesem Hintergrund scheint meine frühere Position in den Diskussionen mit Caro überprüfungswürdig- aber das nur als persönliche Randnotiz.)
Wenn Du also von Deinem Schamgefühl in der obigen Angelegenheit sprichst, dann zeigt dies, dass ein Teil von Dir an bestimmte Normen glaubt und sie für richtig hält, und insofern ist die Antwort ganz pragmatisch: Ja: Du musst Dich schämen.
(Auch wenn Du mit solch einer Antwort hier wohl keinesfalls rechnen konntest. 😉 )
Die wesentliche Frage ist doch vielmehr: Ist das gut, dass Du Dich schämst?
Scham und Schuldgefühle haben wahrscheinlich bis auf die Tatsache, dass sie versuchen rigoros „die Ordnung“ aufrechtzuhalten, bzw. herzustellen in ihrer unreflektierenden Form letztendlich wenig positiven Einfluss auf ein größeres einfühlsames „Verstehen“ der Zusammenhänge.
Auf der anderen Seite gibt es da offensichtlich Menschen, die keinerlei Schamgefühle zu kennen scheinen, die sich schamlos geben, keine Normen zu kennen und alle zu ignorieren scheinen und ruckzuck allen anderen zum Ärgernis werden.
Was soll man also halten von Scham?
Also ich finde es wichtig, dass man versucht, die Normen und Hintergründe, weswegen man sich schämt, für sich offenzulegen, darüber nachzudenken, ob dies eigene Normen sind, um somit möglichst reflektiert mit bestimmten Sachverhalten umgehen zu können. Ein Gefühl von Scham oder Schuld kann dadurch zumindest sicherlich teilweise abgelegt werden, und dies heißt dann noch lange nicht, dass man sich grundsätzlich verantwortungslos verhält. Man übernimmt gerade bewußt die Verantwortung für sein Handeln, wohingegen Scham einen ja eher „unbewußt“ zu steuern und regulieren versucht…
Für Dich gilt es also vielleicht sich mit der Tatsache auseinanderzusetzen, wie Du zu Menschen stehst, die aufgrund ihrer Behinderung in manchen Bereichen weniger leistungsfähig sind.
Für andere könnte hier Thema werden, wie sie es finden, wenn sich andere aufgrund ihrer Behinderung zurücklehnen … aber das ist wieder ein anderes Thema und ich möchte mir in der ersten wie in der zweiten Frage hier kein Urteil erlauben.
in der Hoffnung ein paar hilfreiche Gedanken verbreitet zu haben…
liebe Grüße
crav4del8
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